125 Jahre Lippenstift
3500 v. Chr.
Die älteste bisher gefundene „Lippensalbe“ stammt etwa aus dem Jahr 3500 vor Christus und wurde bei Ausgrabungen in der sumerischen Stadt Ur entdeckt. In der Bibel wird Jezebel beschrieben, die ihr Gesicht bemalte – als abschreckendes Beispiel. (Parfumerie aktuell )
1600 v. Chr.
wird im Papyrus Ebers berichtet über Königin Nefertiti, die die Lippen mit Hennalauge rötete.
ca. 1350 v. Chr.
Den Ägyptern galt Eitelkeit als Tugend und Nofretete galt als Meisterin der Schminkkünste. Mit ihren dunkel umrahmten Augen und dem voll ausgemalten roten Mund ist sie heute noch beispielgebend für ein ausgewogenes Make-up.
5. Jahrhundert v. Chr.
In der Macho-Gesellschaft, der alten Griechen war es verpönt, wenn Frauen sich schminkten. Nur die Hetären, Künstlerinnen, die der Halbwelt zugerechnet wurden, tönten die Lippen mit einer Pflanzenfarbe, die aus der Polderos-Wurzel gewonnen wurde.
ca. 60 n. Chr. verwendete Poppea , die Frau Kaiser Neros Lippenfarben, die aus Rotweinsedimenten und einer Pflanzenfarbe hergestellt wurde.
15. Jahrhundert
schon zu dieser Zeit trugen Frauen rote Lippen. Ob sie allerdings mit Tinkturen oder Tricks arbeiteten ist unklar.
ca. 1600 – 1790
das Barockzeitalter hatte einen großzügigen Umgang mit Kosmetik und auf den Lippen wurde ein kräftiges Rot getragen. Vorreiter waren vor allem die großen Regentinnen Europas.
So entwickelte Königin Elisabeth I. das erste komplette Make-up, bei dem die Haut total mit weißem Puder abgedeckt, die Wangen mit Rouge betont und die Lippen auffallend rot geschminkt wurden. Da es wenig haltbar war, musste das Lippenrot häufig erneuert werden. Dazu wurden kleine Handspiegel eingeführt und Schminkfarben in Stiftform. Der damalige Vorläufer unseres Lippenstifts wurde aus zerstoßenem Alabaster oder Gips hergestellt, den man mit Farbpartikeln zu einer Paste rührte, in Form rollte und ihn dann an der Sonne trocknen ließ, bis er fest geworden war. Mit diesen dünnen, harten Stiften die Lippen nachzuziehen war nicht angenehm, deshalb bevorzugten die Frauen später auch wieder Pomaden und Tinkturen.
Auch Rußlands Zarin Katharina die Große (1729 – 1796) ließ nichts unversucht: ihre Dienerinnen mussten ihre Lippen ansaugen und aufbeißen, damit sie üppig schwellend und gut durchblutet wirkten. Die Frauen im Orient kamen auf den Trick in reife Zitronen zu beißen um ihre Lippen rot zu machen.
Einige Tropfen Benzoe oder Kampferpomade erzielten dieselbe Wirkung
August der Starke (1670 – 1733 machte seiner Geliebten Aurora von Königsmarck einen Lippen-Balsam zum Geschenk, der mehr als zehntausend Gulden gekostet hat.
ca. 1800
Puder und Schminke spielen kaum noch eine Rolle, sie blieben Künstlern und Lebedamen vorbehalten.
1805
Ein Rezept für eine „rothe Lippenpomade“ aus dem Jahre 1805 gab als Zutaten an: ein halb Pfund frische ungesalzene Butter und zwei Unzen reines Wachs, dazu Korinthen und ein bis drei Loth Alkannawurzel. Für den angenehmen Duft kommt ein Löffel starkes Pommeranzenblüthenwasser hinzu.
1833
Jacobine Weiler stellt ihr Buch „Kosmethik des weiblichen Geschlechts oder die geheime Kunst, Schönheit und Gesundheit zu vervollkommnen und bis ins späte Alter zu erhalten“ vor.
ca. 1860
stellt Queen Victoria I. fest, dass Make up unhöflich ist.
1883
gilt als Geburtsstunde des Lippenstifts, der lange um sein Image kämpfen musste. Als verrucht und „halbseiden“ galt er, nichts für Damen mit Anstand. Zur Weltausstellung in Amsterdam, die am 1. Mai begann, stellten Pariser Parfumeure den sog. Rhodopis-Serviteur oder auch den „Stylo d’amour“ vor, der respektlos „saucisse“ genannt wurde, weil er keine Hülse besaß, sondern in Seidenpapier gewickelt war. Im Vergleich zu heute war er horrend teuer: umgerechnet hätte er ca. 50 Euro gekostet.
Das revolutionäre „Würstchen“ rötete die Lippen, doch schon bald gab es auch ausgefallene Farben. Schwarz war gefragt, vor allem aber Vitriolgrün – genau die richtige Farbe für die „Fauves“, die jungen Künstler am Montmartre. Leider war es auch gefährlich, denn gleich mehrere Dutzend Frauen starben nach „grüner Pomadisierung“, was dann zum Verbot des hochgiftigen Grünspanpulvers führte.
Sarah Bernhardt nannte ihn den „Zauberstab des Eros“ und stellte sich für Reklamezwecke zur Verfügung. Ihr fiel es auch ein, sich mit einem Dachshaarbürstchen die Lippen zu schminken, lange bevor der Lippenpinsel eingeführt wurde.
1889
Das Schönheitsbuch: „beauty & how to keep it“ mit vielen Anregungen zur Kosmetik wurde in Amerika veröffentlicht.
1909
Im Lateinischen findet der Apotheker die Lösung: Troplowitz verschmilzt die Wörter und hat damit einen prägnanten Markennamen gefunden: Labello. 1909 wird der erste Lippenstift unter dem neuen Namen verkauft, dann schnellen die Absatzzahlen rasant nach oben.
1910
produziert Guerlain für eine kleine, meist adlige Klientel Lippenstifte.
1912
kam Unterstützung von ungewohnter Seite: die Frauenbewegung der sog. Sufragetten trugen bei ihrem Marsch durch New York Lippenstift und machten dies zum Symbol ihres Kampfes
1915
die Scovil Manufactoring Company of Conneticut produziert preiswerte Lippenstifte in Metallhülsen, die sich jeder leisten konnte.
Um 1920
feiert der Lippenstift dann endgültig seinen Durchbruch. Die ersten Stummfilmstars wie Clara Bow, die ihre Lippen mit dem „Amorbogen“ schmückte, wie Theda Bara mit ihren „Vamp-Lippen“ und Mae Murray mit ihrem „Bienenstich-Mund“ setzten Trends und machten den Lippenstift endlich salonfähig. Der sog. Bienenstich-Mund war ein Schminktrick von Max Factor, den er für dem Film entwickelte. Da die üblichen Pomaden durch die heißen Studiolampen zerflossen, überschminkte er den Mund und malte darauf einen kleinen kecken Kussmund. Auf Zelluloid kam Schwarz als Farbe am besten heraus und so kam der fast schwarz geschminkte Mund in Mode.
1920
Helena Rubinstein bringt ihren „Lip-Lustre“ in New York auf den Markt und acht Jahre später den ersten Lippenstift mit Sonnenschutz.
1928
der sog. „Rouge-Baiser“ aus Frankreich war der erste „kussechte“ Lippenstift, eine Eigenschaft, die er dem Farbstoff Eosin verdankte. Dieser wurde später aus gesundheitlichen Gründen verboten, da er Schwermetalle enthielt.
ca. 1930
Kosmetik steigt zum 4. größten Wirtschaftsfaktor in den USA auf.
Elsa Schiaparelli bringt neue leuchtende Farben heraus, wie „Schiap“, ein helles Pink und „Shocking“, einen kräftigen Fuchsiaton.
1939
wurde das berühmte Revlon Red kreiert im Zusammenhang mit den „Matching finger- und lip tints“, bei denen erstmals Lippenstift und Nagellackfarben in identischen Farbtönen angeboten wurden.
In Deutschland stellte Walter Friedmann erstmals Lippenstifte in seinem „Privatlabor“ unter der Marke SANS SOUCIS her.
1940
selbst die Kriegsjahre konnten dem Lippenstift nichts anhaben. Obwohl seine Hülsen eigentlich als Patronen gebraucht wurden, wagte man es nicht, die Produktion einzustellen. In den Vierzigern war ein dunkles Violett in Mode, das selbst sinnliche Lippen etwas verhärmt wirken ließ.
1941
fragte die Vogue: „Ist es patriotisch mir in solchen Zeiten Gedanken um mein Aussehen zu machen?“ Diese Frage wurde indirekt von staatlicher Seite beantwortet – der US-Minister für Wirtschaftsstabilisierung ordnete an, dass Rüstungsbetriebe ihre Umkleiden mit Lippenstiften ausstatten, um die Produktivität zu fördern.
Nach 1945
wurde der Lippenstift zu dem kosmetischen Accessoire schlechthin und wurde auch bei deutschen Frauen immer beliebter. Sie sorgten in den Nachkriegsjahren für reißenden Absatz amerikanischer Ware.
1964
In den 50er-Jahren ersetzt Beiersdorf die Aluhülse durch Kunststoff. 15 Jahre, nachdem in den USA der Drehlippenstift erfunden wurde, bekommt 1964 auch der Labello eine praktische Drehhülse.
ca. 1948
wurde die praktische Dreh-Mechanik, mit der man den Lippenstift in einer Hülse rauf- und runterdrehen kann, in Amerika entwickelt. Da war der Lippenstift längst zum täglichen Gebrauchsgegenstand geworden.
In diesem Jahr kam in London erstmals auch ein Lippenkonturenstift
1950
entwickelt Hazel Bishop den modernen Lippenstift, der auf Lanolin-Basis ist. Lanolin ist ein Wachs, das aus der Schafwolle gewonnen wird.
ab 1950
wurden die ersten deutschen Kosmetikfirmen gegründet, und eroberten unter den Marken wie Margaret Astor, Ellen Betrix (1952) Chicogo, Manhattan, Misslyn und For You den nationalen Markt.
1969
mit der sexuellen Revolution in den Sechzigern kamen auch die warmen Farben wieder. Die leuchtenden Farben ließen die Lippen voller wirken.
1973
gibt es den Labello in der bekannten blauen Drehhülse.
1982
pink wird zum Shooting-Star! Rouge Pur No. 19 von Yves Saint Laurent, ein intensives Pink-Fuchsia, ist binnen 14 Tagen weltweit ausverkauft. Es gehört heute noch zu den Bestsellern der Marke.
ca. 1986
kommt von Dior und L’Oréal ein Lip-Pen, mit Pinsel auf den Markt, mit dem man mittels Drehen die Lippenstiftmasse in den Pinsel drückt und dann direkt auf die Lippen auftragen kann. Diese Form der Applikation setzt sich aber nicht dauerhaft durch.
1991
bietet lavera als weltweit erster Anbieter 8 Lippenstifte mit 100 % natürlichen Inhaltsstoffen an. Sie sind in mattiert eingefärbten Zederholzstiften zu haben.
1994
Lipstick for charity – MAC lanciert mit Spokesperson RU Paul den VIVA GLAM Lippenstift, dessen Erlöse in die MAC Aids Stiftung fließen. Bis 2004 konnten 40 Millionen Dollar zur Unterstützung von HIV-Infizierten und Aids-Kranken zur Verfügung gestellt werden.
2000
Lippen im Nude-Look, geschminkt mit Farben in „Teint, Puder, Beige“ kommen in Mode. Natürlichkeit ist Trumpf, auch bei der Wahl der Lippenstiftfarbe.
2003
Der Lippenstift ist nach wie vor das beliebteste Beauty-Utensil. Über 80 Prozent aller Frauen zwischen 20 und 60 Jahren benutzen Lippenstift.
2004
ein Lippenstift mit Gold und Seide wird erstmals von Kanebo mit The Lipstick vorgestellt. Die 15 erhältlichen Farben haben ein Finish, das an die japanische Lackkunst erinnert.
2008
21 % der deutschen Fauen benutzen täglich Lippenstift. Insgesamt verwenden 78% aller Frauen mehr oder weniger intensiv Lippenstift, das ist die höchste Nutzungsrate eines dekorativen Produkts.
Mehr als 30 Millionen Lippenstifte von Revlon Red sind seit 1939 verkauft worden, er gilt damit als einer der meistverkauften der Welt.
Quellen:
Gieske, Sabine. Kohlhaase, Ilka. Bernd W.Wessling. Pallingston, Jessica. Seeling, Charlotte.