Kelkheim (humannews) – Der Abschied von der Massenkultur hat längst begonnen, auch wenn einige „Dinosaurier“ nach wie vor noch nicht an den eigenen Untergang glauben wollen. Die modernen Konsumenten beginnen das Sein gegenüber dem Haben zu privilegieren, davon ist Autor Dr. Eike Wenzel überzeugt: „Wir erleben gerade die Entstehung des Zeitalters der Sinnmärkte. In enttraditionalisierten Gesellschaften wird Lebenssinn zu einem permanenten Mangel, der seit einiger Zeit auf vielen neuen Märkten in neue Bahnen gelenkt wird. Kauften wir uns früher Wohlstand und Teilhabe an der Mehrheitskultur, geht es uns heute um immaterielle Werte.“
Das Ende der Massenkultur des 20. Jahrhunderts
Anhand von über 300 Best-Practice-Beispielen belegt die Studie, wie sich die Märkte bereits heute von substanziellen in existenzielle verwandeln – trotz Krise. Denn das Paradox der momentanen Krisensituation besteht darin, dass gerade in Zeiten finanzieller Unsicherheit die Frage nach der Qualität, der Werthaltigkeit und des Warum umso dringlicher wird. Studienautor Dr. Eike Wenzel bewertet deshalb die Krise als Beschleuniger für die neuen Sinnmärkte: „Es wäre blauäugig und zu kurzfristig gedacht, wenn wir angesichts der globalen Krise glaubten, es würde in Zukunft nur noch der Preis regieren. Mitnichten, es geht mehr denn je um Werte.“
Wo sind die neuen Sinnmärkte zu verorten?
Die Studie nimmt 8 Teilmärkte unter die Lupe, auf denen schon heute Sinn das privilegierte Verkaufsargument ist:
1. Regionalität: Regionales baut die Marktanteile in Food deutlich aus und erobert verwandte Branchen. Schon heute gibt die Hälfte der Deutschen regionalen Produkten den Vorzug.
2. Tourismus: Das Sinnerlebnis einer neuen Erfahrungskultur wird den touristischen Markt innerhalb der nächsten zehn Jahre deutlich transformieren. Der Tourismus ist die weltwirtschaftlich bedeutendste Branche, sie hat zehn Prozent direkten Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt. Auffällig ist, dass gerade die 140 Veranstalter des Verbands für nachhaltiges Reisen 17 Prozent mehr Umsatz in 2007 erwirtschafteten als im Vorjahr, damit deutlich mehr als der Rest der Reisebranche.
3. Spiritualität: Ganz neue und ganz traditionelle Player kämpfen künftig um den Markt des Seelenheils im 21. Jahrhundert. Die Kirchen werden sich mit ihren Produkten und Dienstleistungen noch stärker in die Gesellschaft und die Märkte hinein bewegen. Die konsumnahen Produkte werden – wo es angeraten ist – ihre Produkte noch stärker spiritualisieren und auf das Thema Sinn zuspitzen.
4. Bildung: Bildung ist einer der einflussreichsten Freizeitmärkte der nächsten Jahre, die neue Bildungskultur wird getragen von dem Massenbedürfnis der Menschen nach „Wising Up“. Die Fußball-Bundesliga kann jährlich ca. zehn Millionen Zuschauer verzeichnen. Deutschlands Museen verzeichnen hingegen jährlich über 100 Millionen Besuche. Wissen ist nicht nur die Schlüsselressource in der Arbeitswelt von morgen, sondern wird zunehmend zum Sinnzentrum der Gesellschaft.
5. Körper und Genuss: Eine neue Kultur der Selbststeuerung wird in vielen Branchen (Gesundheit, Food, Coaching, Retail) neue Geschäftsfelder eröffnen. Gesundheit wird zum Lifestyle-Produkt und Gesundherhaltung zu einem Prozess des (Selbst-)Konsums. Der zweite, private, Gesundheitsmarkt besteht aus vielen kleinen Wohlfühlmärkten wie Bioprodukte, Wellness, alternative Medizin usw. – schon jetzt geben die Deutschen auf diesem Markt jährlich 55 Milliarden Euro aus.
6. Ethik-Konsum: Lifestyle-Konsum ist zukünftig nicht mehr losgelöst vom Megatrend Neo-Ökologie zu betrachten. Soziale Verantwortung (67%), ein hohes Umweltbewusstsein (77%), starke Naturverbundenheit (68%) und Ehrlichkeit (88%) sind Wünsche und Bedürfnisse, die höchste Relevanz für die Konsumentscheidungen der Verbraucher haben, so das Ergebnis einer internationalen Umfrage von GfK Roper Consulting in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsinstitut.
7. Sozial-Kapitalismus: Soziales, verantwortungsbewusstes Handeln, das die Konturen einer Marke schärft, wird sich bis 2020 als renditeträchtiges Geschäftsmodell etablieren. Die weltweite Umfrage von GfK Roper Consulting in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsinstitut bestätigt, dass 78% mit Arbeit und Karriere immer häufiger vor allem eine erfüllende uns sinnstiftende Beschäftigung im Leben verbinden.
8. Medien: Medien werden zukünftig noch mehr in die Segmente der Welterklärung und des kollaborativen Probehandelns zerfallen. Insgesamt sorgen die Wissens- und Kulturmärkte mittlerweile für 2,6% des BIP. Zu den creative industries gehören u.a. Buch-, TV-, Film-, Radio-, Designwirtschaft, aber auch Zeitungsverlage, Architektur, Werbung, darstellende Künste und die Games-Branche.
Die Sinnmärkte
Dr. Eike Wenzel
Mai 2009
145 Seiten, 40 Abbildungen
ISBN: 978-3-938284-46-9
220 € inkl. MwSt.